Montag
Als sich die Reisegruppe in aller Frühe um 6.15 Uhr am Bahnhof in Calw zur Abfahrt traf, konnte noch keiner ahnen, dass trotz des großen Zeitpuffers der gebuchte ICE in Karlsruhe um 8.00 Uhr verpasst werden würde. Ebenso wie bei der Rückfahrt stellte die Deutsche Bahn die Nerven von Klassenlehrer Thomas Vogel, Begleitlehrerin Kathrin Hirschlein und der 14 Schüler auf die Probe. Während bei der Hinfahrt die Regionalzüge Verspätung hatten und der ICE der Klasse vor der Nase weg fuhr, fiel der ICE bei der Rückfahrt komplett aus und es musste jeweils eine Alternative gesucht werden. Besonders ärgerlich war, dass die reservierten Sitzplätze für die fast sechs Stunden lange Fahrt futsch waren und sich die Schüler in den übervollen Zügen Sitzplätze ergattern mussten. Vier Mädchen waren besonders tapfer: Sie quetschen sich in die untere Gepäckablage und machten es sich dort gemütlich. Ein positiver Nebeneffekt des ungeplanten Aufenthaltes in Karlsruhe besonders für einige Mädchen war, dass sie Sinan, einen 17-jährigen Tiktok-Influencer, auf dem Hauptbahnhof trafen und mit ihm Selfies machen konnten. So wie es aussah, war er ebenfalls mit seiner Schulklasse unterwegs. Nachmittags mit über einer Stunde Verspätung erreichte die Klasse die S-Bahn-Station Nikolassee. Dort wartete schon der Gepäckservice, der die Koffer und Taschen zum Gästehaus Schwanenwerder am Großen Wannsee brachte. Die Schüler und Lehrer mussten die knapp drei Kilometer zu Fuß gehen, da es keine Busverbindung auf die Insel Schwanenwerder gibt. Im Lauf der Woche brachte der tägliche Fußmarsch mindestens zwei Mal am Tag manche Jugendliche an ihre Grenzen. Doch die wunderbare Lage direkt am See entschädigte für die Anstrengung und bei dem ein oder anderen kam durchaus Urlaubsstimmung auf. Und das in der Metropole Berlin, die hier am Wasser und am Rand des Grunewaldes richtig idyllisch wirkte. Leiterin Christina Hotzel mit ihrem Team sorgte dafür, dass man sich in der überschaubaren Unterkunft wohlfühlen konnte: Außer der Wimbergschule waren nur noch eine Schülersportgruppe aus Bayern und ein Seminar des Deutschen Roten Kreuzes während der Woche anwesend. Nach einer kleinen Stärkung und dem Bezug der Zimmer, fuhren einige Schüler mit dem Tretboot auf dem See. Ein Boot schaffte es sogar, direkt in eine Uferweide hineinzufahren und es dauerte, bis sich das Boot wieder aus dem Gebüsch befreien konnte. Abends ging es dann doch noch ins Getümmel der Großstadt, nämlich ins Kino Zoo Palast in den Film „Top Gun Maverick“.
Dienstag
Am nächsten Tag stand dann ein anstrengendes Programm auf dem Plan: Zuerst besuchte die Klasse den Bundesrat, wo es eine Führung zusammen mit einer Schülergruppe aus einem Hamburger Gymnasium durch das beeindruckende Gebäude gab. Anschließend durften die Schüler an einem Rollenspiel teilnehmen und vertraten die einzelnen Bundesländer bei der Debatte um die Freigabe von Cannabis. Während Mohammad als Gesundheitsminister der Bundesregierung den Gesetzentwurf in den Bundesrat einbrachte, plädierten die Bundesländer der Wimbergschule gegen eine allzu freizügige Regelung. Doch da die Hamburger in der Mehrheit waren, setzten sich diese schließlich in der Abstimmung durch. Zusätzlich bekamen die Lehrer der Wimbergschule von der pädagogischen Leiterin einen Anschiss, weil sie etwas zu spät gekommen waren. Doch dass die Klasse über eine Viertelstunde vor dem Tor stand und vom Besucherdienst nicht abgeholt worden war, dafür konnte sie nichts. Der Dauerregen an diesem Tag schlug zusätzlich auf das Gemüt. Tapfer lief die Klasse 9 zum Bundestag, wo es einen herrlichen Blick aus der Glaskuppel des Reichstages gab – auch wenn Berlin an diesem Tag Grau in Grau blieb. Nach einer verkürzten Führung wegen des schlechten Wetters an der Gedenkstätte Berliner Mauer, kam endlich der Höhepunkt aus Schülersicht. Die zwölf Mädchen und zwei Jungs durften fast zwei Stunden in der Mall Of Berlin nach Herzenslust shoppen. Abends blieb die Klasse dann gemütlich in der Unterkunft und einige spielten mit Begeisterung das Spiel „Nobody‘s Perfekt“.
Mittwoch
Am dritten Tag hatte Herr Vogel eine Wanderung durch den Grunewald geplant. Immerhin war das Wetter wieder besser und die Fahrt mit der Fähre brachte viele schöne Ausblicke auf den Wannsee. Doch die Tour auf die Hügel Drachenberg und Teufelsberg, die beides Schuttberge aus dem Zweiten Weltkrieg sind, brachte einige an ihre Grenzen. Erst als auf dem Gipfel des Drachenberges die Skyline Berlins den Schülern zu Füßen lag und zu Instagram-Selfies einlud, war die Stimmung wieder etwas besser. Nachmittags war dann der Kurfürstendamm das Ziel zum Entspannen und Bummeln. Für viele kam dann abends in der Dunkelheit der eigentliche Höhepunkt, als die Schüler vom Fernsehturm auf das Lichtermeer blicken konnten. Auch ein Zwischenstopp am beleuchteten Brandenburger Tor brachte viele schöne Fotos hervor.
Donnerstag
Am vorletzten Tag durften die Schüler, die erschöpft und etwas krank waren, etwas länger im Bett bleiben. Etwa die Hälfte der Gruppe konnte bei der Führung „Verborgene Orte“ den Flughafen Tempelhof so entdecken, wie ihn nur wenige zu Gesicht bekommen. Ein spannender Ort zwischen früher und heute! Nachmittags besuchten die Neuntklässler das Haus der Wannseekonferenz, einer wunderschönen Villa am Seeufer, in der aber 1942 die Vernichtung der Juden von führenden Verwaltungsmitgliedern des Nazistaates technisch besprochen wurde. Der Museumsführer brachte den Schülern das Grauen sehr lebendig und informativ nahe. Den Abschluss der Woche machte ein Lagerfeuer mit Stockbrotbacken auf dem Gelände des Gästehauses, wo noch lange über die Erlebnisse der Studienfahrt unter einem schönen Sternenhimmel gesprochen wurde, ehe es dann am Freitag um 5.00 Uhr hieß aufzustehen.
Freitag
Doch die Anstrengung war erst einmal umsonst, da der ICE in Berlin-Spandau um kurz nach 7.00 Uhr ersatzlos gestrichen wurde. Trotz allem kam die Gruppe nur mit rund einer halben Stunde Verspätung nachmittags wieder in Weil der Stadt an.